Korsika, Tessin, Soca - alles Ziele, die fest auf der Oster-Agenda der Paddler stehen. Doch Griechenland? Noch dazu Südgriechenland? Weit weg, schlechte Straßen und nur wildes Campen, so der Ruf. Und was soll man sagen? Es stimmt! Doch nur zum Teil.
Denn die Anreise ist, zumindest im Auto, nicht länger als nach Slowenien, den Rest übernimmt die Fährgesellschaft. Die Straßen sind nur teilweise richtig schlecht, wer ein bisschen Umweg in Kauf nimmt braucht nicht mehr Bodenfreiheit als auf der Römerstraße in Moers. Und wildes Campen? Mal ehrlich, gibt es was Schöneres als fernab von jedem Trubel unter dem 1000-Sterne-Himmel zu nächtigen? Natürlich nicht. Und wer all diese "Strapazen" auf sich nimmt, der wird belohnt von den schönsten Flüssen Europas, erlebt eine Gastfreundschaft wie in kaum einem anderen Land in Europa und wird mit Essen ohne Gleichen verwöhnt.
(Bild: Die Anreise mit der Fähre gibt einem die Zeit zum relaxen, entspannt kommt man in Griechenland an)
Aller Anfang ist leicht
Start einer jeden Griechenlandreise ist einer der vier Häfen die Griechenland mit Italien verbinden. Entweder startet man von Ancona, Triest, Ravenna oder Venedig mit einer der drei großen Fährlinien Superfast, Minoan- oder Anek-Lines. Ziel der gemütlichen Fährfahrt ist nach knapp 20 Stunden entweder Igoumenitsa im Norden Griechenlands oder, gut sechs Stunden später, Patras auf dem Peloponnes.
(Bild: Blick von der Fähre auf die Nordgriechischen Berge)
2014 haben wir uns wieder einmal für die Fahrt bis nach Patras entschieden. Denn auch auf dem Peloponnes, eher bekannt als Reiseziel für sonnenhungrige Badeurlauber, gibt es wunderschönes Wildwasser, garniert mit Sonne und Meeresnähe. Das erste Ziel unserer Reise ist allerdings nicht das Gebirge in dem die schönen Flüsse wohnen, sondern das Meer. Wir lassen uns noch einen Tag mit Sonne und Strand verwöhnen, bevor es am nächsten Tag in das mächtige Alfious-Gebirge geht.
(Bild: Ein (Ein!!!) Ouzo am Abend ist erfrischend und labend, dann schmeckt auch der Sonnenuntergang im Ionischen Meer noch besser)
Alfios und Lousios
Der Alfios ist der größte Fluss des Peloponnes, er fließt an der antiken Stätte Olympia vorbei und mündet an der Westküste des Peloponnes ins Mittelmeer. Im Unterlauf eher ein Wanderfluss, fließt er oberhalb von Olympia durch die große Alfios-Schlucht. Grandiose Landschaft, leichtes Wildwasser im zweiten und dritten Grad sowie zwei Stellen im vierten Grad sind optimale Bedingungen um sich für die griechischen Flüssen einzupaddeln.
(Bild: Lutz im Hexenkessel des Alfios, wirklich wildes Camp am Alfios)
Und nicht nur der Alfios ist wirklich herrlich, auch der kleine Zubringerfluss, der Lousios, über den man in die große Alfios-Schlucht gelangt, ist ein echtes Schmankerl. Das spritzige, glasklare Wildwasser II kühlt aufgeheizte Paddler auf annehmbare Temperaturen runter bevor auf dem Alfios Stellen wie der "Hexenkessel" und der "Mahlzahn" auf die Befahrung warten. Das herrliche Wildcamp am Ausstieg ist abgelegen und einsam, am Lagerfeuer drehen sich die Gespräche schnell um die Flüsse der nächsten Tage, z.B. um den Erymanthos...
Erymanthos
Die Fahrt vom Alfios zum Erymanthos führt über gute Straßen zum Ausstieg. Hier lassen wir ein Auto stehen, heute wollen wir die ca. 15 Kilometer lange Konglomeratschlucht des "Mittleren" befahren. Die Fahrt zum Einstieg ist wieder eine ganz andere Nummer. Außen herum gibt es zwar tollen Straßen, dank unserer 4x4s wollen wir aber natürlich die "Abkürzung" entlang des Flusses nehmen. Über endlose Schotterstraßen mit Auswaschungen und kleinen Wasserdurchfahrten kriechen wir gen Einstieg, den wir auch nach knapp zwei Stunden erreichen - wie war das, der Weg ist das Ziel....?
(Bild: Fahrt zum Einstieg des mittleren Erymanthos, Entspanntes Paddeln auf dem Erymanthos)
Am Einstieg des mittleren Erymanthos befindet sich auch das Camp für die nächste Nacht. Eine lange Schotterstraße führt zu saftigen Wiesen, die wie gemacht sind für unsere Zelte. Der Erymanthos startet hier gemütlich, nach zwei Kilometern geht es aber bereits in die Schlucht, hier wechseln sich einzelne Stellen im Bereich WW II und III ab, dann wird die Klamm immer enger und schneller.
(Bild: Erymanthos-Klamm, Wasserfall kurz vor dem Ausstieg)
Je nach Wasserdurchlauf fühlt man sich wie in einer Bobbahn, immer ein bisschen unter Anspannung weil hinter jeder Kurve ein verklemmter Baum lauer kann. Doch heute lauert nix hinter Kurven. Alles geht glatt und nach gut drei Stunden finden wir uns in bei einem kühlen Mythos-Birra in einer kleinen Taverne am Ausstieg wieder - Yammas! Wir kurven wieder zum Einstieg und verbringen eine wunderbare Nacht in unserem Camp. Wir träumen vom wilden Erymanthos, vom Oberlauf ab Tripotama, von Zwangspassagen, Stufen und von wunderbarem Wildwasser im vierten und fünften Grad....
(Bild: Die Nacht bricht über das Camp herein)
Der Regen des nächsten Morgen macht unsere Träume zu Nichte. Es regnet nicht, es schüttet! Wie aus Kübeln. Wir sitzen am Einstieg in einem Kaffee und grübeln über den Fluss nach. Minütlich steigt der Pegel, der Regen lässt unsere Erymanthos-Oberlauf-Träume zerplatzen... Doch tief drinnen im Großhirn reift schon der nächste Plan: Krikellopotamos. Der Krikello ist laut Flussführer-Autor Franz Bettinger der beste Fluss Griechenlands. Er soll in einer wunderschönen Schlucht fließen, Schleierfälle fallen von Steinbalkonen in den Fluss. Und auch das Wildwasser soll nicht zu verachten sein. Wildwasser III, IV und V wartet auf die Bezwinger. Doch einen Haken hat der Krikello: Er hat fast nie Wasser. Und er ist weit ab vom Schuss zu Hause, in den tiefsten Schluchten Griechenlands. Über schier endlose Serpentinen schrauben wie uns durch atemberaubende, unwirkliche Landschaft.
(Bild: Wilde Bergwelt auf der Fahrt zum Krikellopotamos)
Geröll und umgestürzte Bäume liegen auf den Straßen, Erdrutsche haben die Strecke teilweise einspurig gemacht. Doch nach Stunden kommen wir am Ausstieg an. Wir schlagen das Camp auf und wagen einen ersten Blick in den Fluss. Braune Brühe, oh mein Gott! Nach üppigem Essen in einer Taverne schlafe ich schlecht ein. Hochwasser auf dem Krikello.... Wenn es ein bisschen abläuft, dann könnte das morgen wirklich was werden. Schon dreimal stand ich am Ausstieg und hatte null Wasser. Aber morgen könnte es tatsächlich klappen!
Am nächsten morgen gehe ich noch vor der Morgentoilette zum Fluss und checke den Pegel. Das könnten 15 Kubik sein. Das wäre dann nahezu ideal. Aufgeregt schlinge ich ein Croissant runter und wir satteln die Pferde. Am Einstieg schätzen wir wieder den Wasserdurchlauf. Zwischen 5 und 10 Kubik wird alles geschätzt, aber auf jeden Fall sollte es reichen. Wir steigen ein und merken das wir uns verschätzt haben. Doch wohl eher 3-4 Kubik. Aber egal. Laut Flussführer ist das absolut im Rahmen. Steinig ist es, aber wir kommen ganz gut voran. Von anfangs WW II und III steigern sich die Schwierigkeiten auf WW III - IV, einige Stellen sind sogar schwerer.
(Bild: Landschaftlich der Hammer: Krikellopotamos)
Die Riesentreppe, die schwerste Stelle des Krikello, umtragen wir bei unserem Wasserstand. Zu steil und steinig geht es dort hinab. Doch die Riesentreppe leitet auch die wunderschöne Klammstrecke des Krikello ein. Wasserfälle rieseln in den Fluss, die Wassermenge erhöht sich durch die Quellen um einige Kubik. Wunderschönes Wildwasser erwartet uns auf den nächsten Kilometern, dann öffnet sich der Fluss. Im offenen Kiesbett geht es weiter bis zum Ausstieg. Nach 27 Kilometern beenden wir diesen spannenden Paddeltag. Eine gute Taverne kennen wir ja schon von gestern!
(Bild: Auf dem Krikello)
Am Lagerfeuer lassen wir den Bach revue passieren. Wie lange haben wir uns schon auf die Befahrung des Krikello gefreut. Jetzt hat es, dank Starkregen am Vortag, endlich geklappt. Bei blauem Himmel und angenehmen, griechischen Temperaturen. Manchmal gewinnt man einfach!
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Christian und Nadja Zicke